Aufklärungsdrohne
© TH Wildau

Kommunizieren können, wenn es brennt

ALADIN 5G bringt neueste Technik in den Wald

Die trockenen und heißen Sommer der letzten Jahre haben die Brandenburger Wälder immer wieder brennen lassen. Im Boden liegt noch Munition aus vergangenen Kriegen, die das Löschen gefährlich macht. Die Feuerwehren in der Region leisten Schwerstarbeit. Wolfgang Rüther-Kinder, Professor für Luftfahrttechnik an der Technischen Hochschule Wildau, möchte mit dem Forschungsprojekt ALADIN 5G denjenigen, die vor Ort das Feuer bekämpfen, die bestmögliche Technik zur Verfügung zu stellen. Die Einsatzkräfte sollen beispielsweise sehen können, wo die Brandlinie ist, auch in Gebieten, die wegen Explosionsgefahr nicht zu betreten sind. Bilder, die Drohnen aufnehmen, müssen dafür live an die Feuerwehr im Wald und die koordinierenden Einsatzzentralen übermittelt werden.

„Die Feuerwehren gehören zu den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, kurz BOS genannt. Sie nutzen für ihre Kommunikation das TETRA-Netz, das für den Sprechfunk, aber weniger für den Austausch von Daten geeignet ist. Doch in der Brandenburger Fläche hat dieses viele weiße Stellen. Mit ALADIN bauen wir wo immer nötig ad-hoc ein mobiles 5G-Netz auf, über das Videodaten übertragen werden können."

Wolfgang Rüther-Kinder, Technischen Hochschule Wildau

 

Zusammenspiel der Technik in einem Förderprojekt

Die Wildauer Hochschule hat die Projektleitung für ALADIN 5G inne, das vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur mit fast 4 Millionen Euro über drei Jahre gefördert wird. Das Projekt startete Anfang 2021, der Luftfahrttechnikexperte hat es mit entwickelt. Den Anstoß gab Jürgen Vogler von der Wirtschaftsförderung Brandenburg (WFBB), der ihn darauf aufmerksam machte, dass das Ministerium eine Förderung von Anwendungen des neuen 5G-Mobilfunknetzes ausschrieb, wozu u.a. auch Drohnen genutzt werden könnten: „Ich kann mich nur begeistert äußern über unsere jahrelange Zusammenarbeit mit den Brandenburger Wirtschaftsförderern“, betont der Professor.

In Wildau forschte man bereits seit Jahren zu bemannter und unbemannter Luftfahrt, hatte andere Projekte in der Umsetzung und ebenso Drohnen in der Anwendung. Rüther-Kindel sah sofort die Chance für einen Ansatz, der möglichst praxisnah verschiedene innovative Techniken zusammenbringt. In dem schließlich erfolgreich beantragten Projekt stellen die Wildauer die Aufklärungsdrohne ATISS NG bereit, die bis zu 8 Stunden in der Luft bleiben kann.

Das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS liefert die Kommunikationsinfrastruktur mit zwei Edge Cloud basierten 5G Nomadic Nodes. Eine weitere Multikopter-Drohne ist via Kabel mit dem Boden verbunden und trägt eine 5G-Sektorantenne, durch die die Reichweite der Nomadic Nodes und damit des Netzes vergrößert wird, sie stammt von Tholeg Civil Protection Systems. Smart Mobile Labs stellt mit dem Edge Video Orchestrator eine quasi-latenzfreie Übertragungstechnik für Audio, Video und Telemetriedaten bereit, die es ermöglicht, über dieses 5G-Netz auch Roboter, Löschfahrzeuge und Drohnen aus der Ferne zu steuern. ReloConsult schließlich stattet ein fernbedientes Raupenfahrzeug mit einer Löschplattform aus. Damit wird das ALADIN- Szenario so erweitert, dass nicht nur der Brand lokalisiert, sondern auch aus der Ferne gesteuert gelöscht werden kann - gerade in Gebieten, die zu gefährlich zum Betreten sind.

Der Projektpartner Flugplatzgesellschaft Schönhagen stellt während der Entwicklungszeit das 5G-Test- und Fluggelände zur Verfügung. Mit ALADIN 5G schnell sehen, wo es brennt, und löschen, ohne dass Menschen gefährdet werden, auch da, wo Altlasten wie Blindgänger und Munitionsteile ein Befahren von Gelände bisher verhindert haben: das ist die Vision.

Löschfahrzeug

Regionale Feuerwehr mit im Konsortium

Um das Projekt so aufzubauen, dass es den größtmöglichen Nutzen für die Praxis hat, wurde die Feuerwehr von Beginn an integriert. Sie kämpft bei ihren Einsätzen im Wald bisweilen mit unzureichender Technik, teilweise kann nur über Sprechfunkgeräte am Körper auf Sichtweite kommuniziert werden, berichtet der Forscher von Gesprächen mit Feuerwehrleuten. Das soll sich perspektivisch ändern. Die erste Projekt-Praxiswoche, die im Mai 2022 in Schönhagen stattfand, war erfolgreich. Der 5G-Betrieb hat funktioniert, Livebilder konnten zum Boden gesendet werden.

In einer zweiten gemeinsamen Projektwoche im Herbst 2022 werden eine neue Kamera und das Löschfahrzeug integriert sowie die mobile 5G-Antenne auf der Drohne von Tholeg. Doch auch wenn das Forschungsprojekt am Laufzeitende seine Ziele erreicht und das Szenario funktioniert, Rüther-Kinder denkt weiter: „Als Hochschule können wir nach Ende der Förderung das System nicht weiter finanzieren. Mein Wunsch ist, dass das Equipment hier in Brandenburg auch zukünftig weiter zur Brandbekämpfung bereitsteht.“ Der Luftfahrttechniker möchten einen bleibenden Beitrag für den Schutz vor Katastrophen leisten.

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